Mannwerdungsblog

Beziehungsfähigkeit für Anfänger

Posted on: 11. Dezember 2011

Das wichtigste, was Mann/man in einer Beziehung lernen kann, ist, mit Konflikten umzugehen. Letztlich geht es bei Beziehungskonflikten darum, ob man den Anderen und seine Sichtweise wirklich akzeptieren kann. Das heißt nicht, dass man sich angleichen müsste und seine Interessen unter den Teppich kehrt. Es heißt nur, dass man an der Innensicht des Anderen wirklich interessiert ist. Thomas Kahl hat dazu einen guten weiteren Artikel bei Pagewizz geschrieben:

Im Folgenden betrachte ich zwei Möglichkeiten des Umgangs mit uns selbst:
Erstens, die Möglichkeit, an den eigenen Eigenarten so zu arbeiten, dass sie weniger dem Wachstum unserer Liebe entgegenstehen.
Zweitens, die Möglichkeit, mit denjenigen Eigenarten, die sich trotz all’ unserer Bemühungen nicht hinreichend in gewünschter Weise verändern lassen, einen Umgang zu finden, der uns und unseren Partner in unserer Liebe zueinander festigen und stärken kann. Um welche Eigenarten geht es hier? Und, was lässt sich jeweils tun im Sinne der ersten und der zweiten Möglichkeit?

Was in uns selbst kann uns daran hindern, einen Partner zu lieben? Natürlich das, was uns an ihm nicht gefällt. Was kann das in erster Linie sein? Zunächst, alles das, was uns an uns selbst nicht gefällt. Denn das, was uns an uns nicht gefällt, was wir an uns selbst nicht akzeptieren können – wie sollten wir das bei unserem Partner mögen, wenn es bei ihm entdecken?

Die wichtigsten Schritte auf dem Weg hin zur Erlangung der Macht über mich selbst möchte ich kurz nennen:

1. Das Erlernen der bewussten Wahrnehmung eigener positiver und negativer Gedanken, Gefühle und Handlungen,
2. das Erkennen von deren Folgen sowie
3. die Veränderung der eigenen Gedanken-, Gefühls- und Verhaltensmuster in der Weise, dass die tatsächlich eintretenden Folgen immer vollkommener meinen eigenen Zielen, Absichten und Intentionen entsprechen.

Dabei kann uns unser Partner helfen, denn mein Partner ist wie mein Spiegelbild. Dazu möchte ich nun verdeutlichen, was sich aus dem zum Umgang mit den eigenen Eigenarten Gesagten für das partnerschaftliche Miteinander-Umgehen ergibt: In meinem Partner, an seinem Ausdruck, seinem Verhalten und an seinen Reaktionen kann ich erkennen, wie ich selbst bin, was ich ausstrahle und wie ich mich verhalte: Werde ich z.B. innerlich ruhiger und geduldiger, so gebe ich meinem Partner – ebenso wie dem, was ich im Spiegel an der Wand sehe – Anlass, dies auch zu werden. Werde ich lauter und heftiger, so kann auch mein Partner in diesen Zustand geraten, wenn er nicht aufpasst. Daraus folgt, dass ich ständig darauf achten sollte, dass ich mich innerlich wohl fühle.

Soweit ich hierauf achte, werde ich mich auch im Zusammensein mit meinem Partner wohl fühlen – und er sich mit mir. Mein Partner macht mir – wie der Spiegel an der Wand – deutlich, wo noch etwas an mir zu vervollkommnen ist. Er kann mir helfen, diese Unvollkommenheiten zu erkennen und zu überwinden – dort, wo ich dies für mich bzw. für unsere Partnerschaft für wünschenswert erachte.

Dieses Bewusstsein ermöglicht es, dasjenige Rechtsbewusstsein zu überwinden, das auf der Selbstschutztendenz beruht, sich selbst im Recht und den Partner im Unrecht zu sehen. Jeder Spiegel hat – wie jeder Partner, der mir liebevoll gegenüber ist – in dem, was er mir über mich zeigt und sagt, stets objektiv weitgehend Recht! Es mag sein, dass mein Partner – wie der Spiegel – mir dies in einer Form mitteilt, die ich nicht sogleich verstehen oder akzeptieren kann. Aber, dass er inhaltlich irgendwie recht hat, das sollte ich nicht bezweifeln.

Dass bzw. inwiefern er inhaltlich recht hat, das zeigt mir mein Gefühl: Wenn ich Betroffenheit spüre, also entweder Gefühle der Ohnmacht, Hilflosigkeit oder Traurigkeit, was sich in eigener Rückzugstendenz zeigen kann, oder Gefühle des Schmerzes, des Ärgers oder der Wut, was sich als Aggressionstendenz zeigen kann, so sollte ich bewusst innehalten und mich fragen, inwiefern mein Partner – wie ein Spiegel – recht hat.

Betrachten wir hierzu zunächst einmal die Basis unserer Liebe:

Kommt es uns vor allem darauf an, einen Partner zu haben, dem wir unsere Liebe geben können, der uns also gut gefällt und der uns so annimmt, wie wir sind, d. h., der mit positiver Resonanz auf unsere Eigenarten und unser Handeln reagiert? Dann achten wir vor allem auf unser Tun und Sein für ihn und auf das, was daraufhin von ihm zu uns zurück kommt. Hier befinden wir uns eher in der aktiveren, initiierenden Rolle ihm gegenüber.

Oder: Kommt es uns vor allem darauf an, einen Partner zu haben, dem wir gut gefallen und der uns auf unserem Weg begleitet und unterstützt, d.h. der uns seine Liebe gibt und von dem wir dies gut annehmen können, weil er uns aufgrund seiner Eigenarten gefällt? Dann achten wir vor allem auf das, was wir von ihm bekommen und was wir von ihm annehmen können. Hier befinden wir uns eher in der passiveren, erwartenden Rolle ihm gegenüber.

Diese Unterscheidung, die auf den ersten Blick wie ein ideales gegenseitiges Ergänzungsmuster erscheint, kann uns anregen, zu klären, zu welchem der beiden Rollen-Pole wir tendieren und aufgrund welcher Ursachen. Tendieren wir dazu aufgrund von Gewohnheit oder aufgrund erfahrener Mängel? 

Eine Partnerschaft wird auf Dauer nur dann befriedigend verlaufen, wenn wir nicht einseitig auf die eine oder die andere Rolle innerlich fixiert sind und bleiben, sondern bereit und fähig sind (oder werden), beide Rollen abwechselnd und etwa gleichgewichtig einzunehmen. Denn nur dann kommt es zwischen uns zu einem gerechten Austausch zwischen Geben und Nehmen, Aktivität und Passivität. Deshalb ist es wichtig, unsere innere Fixierung aufzulösen, indem wir uns gegenseitig dabei unterstützen, unsere Rollenposition zueinander flexibel zu verändern.

Entsprechend dem Prinzip der Dualität bzw. Polarität lassen sich zwei verschiedene Formen des Miteinandersunterscheiden:

Beide Partner sind dabei hinsichtlich ihres geistigen und kommunikativen Potenzials und Könnens einander ebenbürtig. Beide Partner verfolgen praktisch die gleichen Ziele, wobei sie unterschiedliche Sicht- und Sprechweisen sowie Methoden verwenden. Sie können sich über alle Fragen und Sachprobleme offen und ehrlich, vorbehaltlos und radikal miteinander auseinander setzen, wobei sie sich gegenseitig hervorragend befruchten können. Die wertvolle Ergänzung, die sie aufgrund ihrer Unterschiedlichkeiten für einander darstellen und ihre Liebe zu einander ermöglichen es ihnen, stets alle Schwierigkeiten zu bewältigen, die beim inhaltlichen und formalen Umgang mit Einzelaufgaben und -themen auftauchen. Somit gelangen sie im Laufe ihres Zusammenseins immer mehr zur Überwindung der zwischen ihnen bestehenden Polaritäten, wobei jeder von ihnen zunehmend die ihm zueigene individuelle Identität entwickelt und festigt, bis sie zusammen eine Einheit bilden und jeder von beiden in sich selbst Denken, Gefühl und Körper in optimaler Weise integriert hat.

Zur Veranschaulichung der zweiten Form, der komplementären (Yin-) Form des Miteinanders lässt sich das Tandem-Fahrrad verwenden: Beide Partner unterscheiden sich in ihrem geistigen, gefühlsmäßigen und körperlichen Potenzial und Können auf einzelnen Gebieten, sind einander jedoch – wenn man die Gebiete zusammen nimmt – einander ebenbürtig und gleich-wertig. Deshalb übernehmen sie – je nach Gebiet und Wegstrecke – abwechselnd die Position des Fahrradlenkers und des Mitfahrers. Jeder weiß, dass er sich dem anderen, wenn und wo dieser vorne sitzt, nahezu blind anvertrauen kann. Jeder ist gerne bereit, zeitweise seine Befindlichkeit in die Hand des anderen zu legen, in dem Bewusstsein, dass sie dort bestens aufgehoben ist und gepflegt wird. Mit der Befindlichkeit sind insbesondere die Gefühle gemeint: Die eigenen Schwächen und Empfindlichkeiten, die eigenen Befürchtungen und Ängste, die eigene Verwundbarkeit und Sorge, die eigene Hilflosigkeit und Ohnmacht.

Dieser Vortrag ist komplett auch als Hörbuch zum Download für 5€ erhältlich: http://www.seelische-staerke.de/paarbeziehungen/index.html
Direktlink hier: http://www.seelische-staerke.de/paarbeziehungen/r1v2.html

(PS: Ich stehe in keinerlei Beziehung zum Autor – ich verlinke hier auf dessen Angebot deswegen, da ich seine Texte für ausgesprochen hilfreich erachte.)

2 Antworten to "Beziehungsfähigkeit für Anfänger"

ich gebe Dir vollkommen recht. Dein Eintrag liegt zwar schon vier Jahre zurück, aber ich finde den sehr gut und lesenswert.
Danke! Es hilft mir, Menschen zu verstehen, die diese Fragen,“ warum mache ich das alles“ besser zu verstehen.
Deine Erläuterungen sind sehr sehr schlüssig!

Hallo Inès, danke für deinen Kommentar. Oldie but goldie, sehe ich auch so! Insbesondere ist es wichtig zu erkennen, dass einem mit recht haben nie geholfen ist, sondern dass dieses Verhalten immer Nähe und Begegnung zerstört. Leider fällt das manchmal schwer anzuwenden. Aber mit etwas Übung wird es immer einfacher davon los zu lassen.

Schreib mir, was du dazu denkst! Hast Du das bei Dir oder jemand anderem auch beobachtet?

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