Mannwerdungsblog

Männlicher Narzissmus und die Folgen für die Partnerschaft

Posted on: 29. Januar 2012

„Wenn das Mannsein zur Qual wird“ lautet der Titel der zweiteiligen Serie von Michael Hoffmann.

Diese narzisstische Tendenz ist keine genetische Veranlagung der Männer, sondern eine Folge ihrer Sozialisierung. Keine Bindung in der Familie ist so eng, so symbiotisch wie die zwischen Mutter und Sohn. Der (im Allgemeinen immer noch) weniger mit der Erziehung der Kinder beschäftigte Vater und dessen eigenes symbiotisches Verhältnis zu seiner Frau verstärkt diese Mutter-Sohn-Beziehung durch die Konkurrenzsituation. Dazu sind Mütter in der Regel stolz auf einen „liebenden“ Sohn und seine emotionale Abhängigkeit und fördern diese unbewusst. Das Umfeld von Töchtern ist anders. Die Beziehung zur Mutter ist mehr durch Konkurrenz oder manchmal gar Missgunst geprägt. Die zum Vater erreicht nur sehr selten eine Nähe, die zur Bildung eines symbiotischen Verhältnisses ausreichen würde. Dies führt bei Frauen normalerweise zu einer früheren Reife und mehr emotionaler Unabhängigkeit. Die oft vollständige emotionale Abhängigkeit von der Mutter und die daraus resultierende Konkurrenz zum Vater bleiben aber für das männliche Kind prägend. Da die Verlustangst ein typisches Merkmal symbiotischer Beziehungen ist, wird der Junge alles tun und verinnerlichen, was diesem Verlust entgegenwirken könnte und (narzisstische) Strategien zum Erhalt der Mutterliebe entwickeln. Bei einer wenig liebevollen Mutter ist die Abhängigkeit (und Verzweiflung) noch stärker, denn hier muss die Anerkennung und Beachtung in einem (oft hoffnungslosen) Kampf errungen werden. Alle so genannten „typisch männlichen“ Verhaltensmuster lassen sich im Wesentlichen auf diese Abhängigkeit zurückführen.

Die Folgen für die Partnerschaft

Die Auswirkungen dieser symbiotischen Mutterbindung in den späteren Beziehungen des Mannes sind gravierend. Diese Bindung wird (gemäß dem „inneren Kind“) fast immer auf die Partnerin übertragen. Nichts ist für das innere Kind dann schlimmer als der „Verrat“ durch diese Mutter. Er wird mit der gleichen Dramatik erfahren, wie ein Kind Lieblosigkeit und Nichtbeachtung durch die eigene Mutter empfindet. Die Tatsache, dass Männer Trennungen schlechter verkraften, öfter deswegen körperliche Symptome entwickeln, und das überstürzte Eingehen einer neuen Bindung sind die Folge davon. Man könnte sagen, die gesamte Emanzipationsbewegung der Frauen war (und ist) ein Kampf gegen den Symbioseanspruch des Mannes und seine Taktiken sich der Aufmerksamkeit und Anerkennung durch die Frau zu vergewissern. So bleibt kaum eine Beziehung frei von dieser Problematik. Das Misstrauen, das der Mann einer lieblosen Mutter gegenüber hatte, wird ihn eifersüchtig und kontrollwütig machen. Den Freiraum, den ihm eine verwöhnende, unterwürfige Mutter bot, wird er auch in seiner Beziehung durchsetzen wollen. Hauptsächlich aber wird er, je nach narzisstischer Prägung, das Gefühl haben, sich die Zuneigung verdienen zu müssen, indem er seine männliche Rolle so gut wie möglich ausfüllt. Hier beginnt oft ein gefährlicher Kreislauf: Hat die Partnerin nicht ebenso einen Wunsch nach Symbiose, sondern eine natürliche emotionale Unabhängigkeit, so versucht der Mann den scheinbar drohenden Verlust durch mehr Männlichkeit zu verhindern. Damit zwingt er seine Partnerin auf Distanz und nun ist wiederum mehr Männlichkeit angesagt. Und so weiter. Bis zur gefährlich werdenden Karikatur dieser „Männlichkeit“.

via narzissmus.net

9 Antworten to "Männlicher Narzissmus und die Folgen für die Partnerschaft"

Ich denke gerade viel über Narzissmus und narzisstisches Verhalten nach. Danke für diesen leicht verständlichen Text als Einstieg.

[…] fällt mir überaus passesnd der Blog von Mannwerdung ein, den ich an dieser Stelle und mit dem Artikel zitieren möchte. Es muss doch mal aufhören und […]

Ein wichtiger Teilbereich, der leider häufig keine Erwähnung findet ist jedoch der narzisstischer Missbrauch durch Mütter! Es ist ein Irrglaube, dass Narzissmus meist Männer betrifft. Die Folgen davon, dass der Missbrauch an Töchtern durch ihre Mütter nicht zur Kenntniss genommen wird ist schwerwiegend und tragisch! Mehr Informationen dazu sowie generell über Narzissmus findet sich unter http://www.narzissmus.org (Töchter narzisstischer Mütter)

Hallo Kira,
vielen Dank für den Link und Dein Projekt. Ich denke, dass allgemein narzisstisches Verhalten von Eltern ihren Kindern schadet. Das gilt für erwachsene Söhne wie auch Töchter. Ich denke sogar, dass dass das Thema, wie narzisstische Mütter ihre Söhne geprägt haben, hier sehr ausführlich behandelt wurde. Und sicher gilt das auch für Töchter – bei Männern ist es jedoch eher ein Tabu, darüber zu sprechen, auch untereinander. Darum dieser Blog.
Ich denke auch, dass das, was du beschreibst, eine andere Ausprägung ist: Hier geht es mehr um die verwöhnende Mutter und die erdrückende Nähe zum Sohn, bei dir hingegen eher um die überkritische Mutter.
Ich konnte deiner Webseite einige interessante und hilfreiche Punkte entnehmen und mich trotz dieser Unterschiede darin wiederfinden. Ich bin gespannt auf dein Buchprojekt!
Deine Seite habe ich in meinen Blogroll aufgenommen.

[…] in mehreren blogs derzeit und auch schon vor längerem sehr viele Gedanken über Narzissmus. mannwerdung, rosalie u.a. Auch für mich ist dieses Thema nicht […]

Eine Beziehung zu einem/r Narzissten/Narzisstin kann für den Partner/die Partnerin zum Albtraum werden!

Hast du selbst Erfahrungen damit gemacht?

Finde ich sehr gut den Text als Einstieg zum Thema Narzissmus. Und ich kenne das Problem mit der Gefahr, dass die Männlichkeit zur Karikatur werden kann bei narzisstischen Zügen.
Ich selber habe einen Vater mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung und der kompensiert seinen Kontrollwahn und seine Unsicherheit mit einer lächerlich überhöhten Männlichkeit.

Hallo Robby, danke für deinen Kommentar! Das ist sehr interessant, dass dein Vater die eigene Verlustangst mit noch mehr Männlichkeit kompensiert hat, um ein noch perfekterer Partner zu sein. Wie hat sich das bei ihm genau geäußert?
Guten Blog hast du da übrigens, ich nehme ihn mal in meine Blogroll auf!

Schreib mir, was du dazu denkst! Hast Du das bei Dir oder jemand anderem auch beobachtet?

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